HORROR IN DER TIEFGARAGE!


Fragt mich nicht warum. Aber merkwürdige Dinge passieren mir oft auf dem Weg zum Auto.

Ich hatte ein paar Tage Urlaub – gestern der letzte Tag. Und wie das so ist, lässt man die Seele baumeln wenn man frei hat. Leider schlagen dann die durch Stress bedingten Beschwerden ganz besonders hart zu. Und so begab es sich, dass ich fürchterliches Sodbrennen und Magenkrämpfe hatte.

Kein Problem. Hätte ich noch meine Pillen gehabt. Aber die letzten Vorräte hatte ich bereits in der Nacht zuvor gegessen. Danach war auch erst mal gut. Bis es Mittwoch Nachmittag wieder losging und sich bis zum Abend echt hochgeschaukelt hatte. Und was ist Mittwochs? Der „das Gesundheitswesen macht Frei“ Tag.

Also erprobte ich zunächst die männliche Masche: Alles halb so wild. Das mit der zerfressenen Speiseröhre und dem verätzten Mageneingang muss ein echter Mann aushalten. Abgelenkt habe ich mich mit „the walking dead“. Prima Plan, wie sich herausstellen sollte.

Um 21 Uhr habe ich mich ins Bett gelegt und bin sogleich eingeratzt. Und wurde unverzüglich von meinen Magensäften geweckt. Die Tage zuvor hatte ich nämlich auch schon nicht wegen des Mists gepennt. Trotz Pillen. Vielen Dank auch. Ich sah schon wieder eine schlaflose Nacht vor mir, und einen Arbeitstag im Zombiemodus. Da hatte ich keinen Bock drauf.

Also schnell ne Hose übergestreift, ins zerlumpte Sacko geworfen, aus versehen zwei verschiedene Schuhe angezogen und total verpeilt in die Außenwelt. Mission: Milch und Bullrichsalz. Beides prima Hausmittelchen um dem Brennen Herr zu werden. Und im Supermarkt erhältlich.

Langsam tastete ich mich in den unbeleuchteten Hinterhof. Verdammt, warum ist der unbeleuchtet? Achja. Ist ja alles im Arsch hier. Also weiter.

Von der Finsternis des Hofs setzte sich der tiefschwarze Schlund der Tiefgarage nur unbedeutend ab. Aber ich kannte den Weg ja auswendig. Dachte ich. Langsam setzte ich einen Fuß vor den Anderen. Ich selbst schlurfte halb wie ein Klischeeuntoter die Rampe hinab. Als ich das Tor passierte und von der Schwärze der Nacht verschluckt wurde, wusste ich plötzlich wie es in Dieter Bohlens Seele aussehen musste. Für einen Moment musste ich aufgrund dieses genialen Einfalls grinsen.

Plötzlich das unvermeidliche Geräusch aus der Dunkelheit. Ach du grüne Neune. Was ist denn das? Handy gezückt. Mit dem Display Licht gemacht. Schatten gesehen. Licht wieder aus. Dann lieber die Ungewissheit als komische Schatten und Reflektionen an Stellen die meiner Erinnerung nach gar nicht reflektieren dürften. Schlüssel. Wo ist der Schlüssel? Ach. In meiner Hand. Stimmt ja.

Ich gehe schneller. Nach wie vor ohne Sicht. Renne gegen etwas hartes. Falle auf den Arsch. Stehe auf. Es ist das Auto. Türklinke finden. Aufschließen. Scheiße. Und der Schlüssel fällt mir aus der Hand. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich öffne die Autotür, damit ich Licht zum Suchen habe. Moment. Die Autotür? Achja. Ich schließe den Phiat ja nie ab. Naja. Trottel.

Schlüssel geschnappt. Phiat geentert. Tür zu. Wieder Dunkelheit. Und dann der größte Horror. Ist da was auf der Rückbank? Check the backseat. Ich trau mich nicht. Schmeiß den Wagen an. Fernlicht. Quietschende Reifen. Alter Verwalter. Wäre da was gewesen, es hätte sich prächtig amüsiert beim beobachten seiner Beute.

Auf dem Rückweg habe ich die Karre zwei Straßen weiter unter einer Laterne geparkt und bin zurück zum Haus gejoggt. Ich wollte nicht das Risiko eingehen und die gerade mühsam eroberten Vorräte an die Zombies in meiner Garage verlieren. Ich bin dann glücklich rülpsend dank Bullrichsalz und Milch bei eingeschaltetem Leselicht eingeschlafen. Happy End.

Life is white and I am black


Warum macht es eigentlich so viel Spaß zwischendurch mal böse zu sein? Heute auch wieder. Ich hatte einen super Arbeitstag. Die Sonne scheint und der Rückweg geht nur im Schneckentempo voran. Das liegt nicht daran, dass ich im Stau stehe. Der Stau rollt hinter mir. Was mir wiederum völlig wumpe ist.

Ich habe es nicht eilig und es wird bei der Musik auch ordentlich mitgegrölt.. Es läuft gerade „Novocain for the Soul“ von den Eels als ich in eine Seitenstraße abbiege.

Gerade als die Stelle

Life is white
And I am black
Jesus and his lawyer
Are coming back

kommt – und ich richtig in fahrt bin – sehe ich einen Leichenwagen samt Bestatter am Straßenrand. Just bekomme ich einen totalen Lachanfall welcher einfach nicht abebben will. Und auch jetzt, in diesem Moment, muss ich wieder laut bei dem Gedanken an diese Situation kichern.

Ganz schön gemein. Vermutlich lese ich die Tage in der Zeitung, dass sich dort ein Drama abspielte und ich habe dann ein schlechtes Gewissen. Zu meinem Glück lese ich die lokalen Käseblätter nicht.

Anbei noch der Song. Ihr werdet merken das das nicht mal ein „gute Laune Stück“ ist. Trotzdem bekomme ich dabei zumindest immer ein „Wohlfühlkribbeln“.

http://www.dailymotion.com/embed/video/xr793
Eels - Novocaine for the Soul von FabCure

Bleibt die Frage warum es so viel Spaß macht manchmal politisch und menschlich komplett neben der Spur zu sein.

Spirit in the Tiefgarage


Autofahren und ich. An sich keine gute Idee. Man würde Spongebob ja auch keinen atomaren Sprengkopf anvertrauen. Aber noch fahre ich ja den richtigen Wagen. Und mit dem kann ich sogar absichtlich fahren wie die letzte Wildsau – ohne das es Schäden gibt!

Wie diese Woche in der Tiefgarage. Ich denk ich seh nicht richtig. Rechts vom Auto in 10cm Entfernung eine Betonsäule. In der gleichen Entfernung zur Fahrertür steht ein silberner Golf. Vor Pavel eine Wand, die mich ähnlich wie die Betonsäule nicht so sehr überrascht. Beide waren bereits anwesend als ich einparkte. Aber hinterm Auto steht ein illegal geparkter Lupo. So dicht, dass ich nicht unter 6 Zügen aus dem Schlamassel herauskomme. Ein Auto passt noch durch. Das war es auch schon. Außerdem überall Leute. Und wie zur Hölle komme ich IN das Auto?

Pavel hat im Moment keine Rücksitzbank. Also klettere ich in den Laderaum, Ziehe die Klappe von innen zu und quetsche mich auf den Fahrersitz. Ich, der 100 Kilo Schlangenmensch.

Nächster Schritt: Systeme hochfahren. Bei Pavel bedeutet das den Motor anzulassen und die Hupe scharf zu schalten. Und nun geht es langsam, gaaanz langsam nach hinten. Ich schlage ein, sehe im Spiegel die Säule immer näher kommen. Und dann KNARZ. Feindkontakt. Unverminderter Geschwindigkeite parke ich weiter aus. Man hört wie sich der Beton in die Farbschichten des Pavel gräbt. So, noch etwas weiter einschlagen. Sehr gut. Es wir. Der rechte Außenspiegegel fängt an zu zittern. Auch er schabt langsam den Putz vonne Wand bis der Spiegel langsam einknickt. Einmal gegenlenken und ein Stück vor. Dann nochmal einschlagen (in doppelter Hinsicht) und ich bin raus aus der Lücke – in nur drei Zügen.

Kein Auto ist zu schaden gekommen und jemanden überfahren habe ich auch nicht. Ich steige zufrieden aus und umrunde den Wagen, als mir die obligatorischen Rentner auffallen die mit offenem Mund die Szene beobachtet haben. Ich ich ticke zum Gruße an die Hutkrämpe, biege den Spiegel wieder gerade und verlasse anschließend die Tiefgarage. Samt Auto natürlich.

Zugegeben. Da lag schon etwas Putz auf dm Boden, aber bei Pavel konnte ich bei bestem Willen nur eine Verbesserung des Feintunings feststellen. Was bei jedem anderen Auto einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeutet hätte.

Bald ist die lustige Pavelzeit vorbei. Der April naht und damit auch der Ommi. Bis dahin genieße ich aber noch die Zeit mit Pavel. So schnell bekommt man sicherlich kein Stockcar für den öffentlichen Straßenverkehr.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein gesegnetes und von gutem Geiste erfülltes Wochenende.

Doch bevor ihr diese vorzügliche Internetpräsenz verlasst dreht doch bitte die Boxen soweit auf das sie euch die Scheiße aus den Ohren blasen.

Kurzmitteilung


Manchmal wünscht man sich das ein Film nicht endet. Auf vielfache Empfehlung hin habe ich „ziemlich beste Freunde“ geschaut. Da liegt die Messlatte natürlich hoch. Aber ich wurde nicht enttäuscht. Wie Herr Lehmann oder die fabelhafte Welt der Amélie ein Film der durchaus noch eine Stunde hätte laufen können und man hätte immer noch nicht genug gehabt. Fabelhaft.

Ich lese


Da liest man viel. Den ganzen Tag an sich. Man liest auf der Arbeit. Zunächst die Neuigkeiten in meinem Postfach. Ganz analog. Als erstes ne Nachricht von Chef. „Hallo. Du musst heut Mittag in die Villa fahren und dort aushelfen.“

Hmhm. Muss ich das? Und wer zahlt den Sprit? Die Stadt? Wohl nicht. Aber Dienstanweisung ist Dienstanweisung. Also nehme ich es hin.

Nächster Brief. Mit krakeliger Kinderschrift, einige Buchstaben spiegelverkehrt, steht dort mein Name und der Name des Kindes. Dazu ein verbeultes, von Kinderhand gemaltes Auto. Es erinnert mit viel Fantasie an Pavel. In dem Auto sitzt ein Strichmännchen mit Hut und einem dicken Grinsen. Die Künstlerin hat auch ein paar Noten neben das Fahrerfenster gemalt. Ziemlich eindeutig die Szene. Ich freue mich. Weil das Kind sich so viel mühe gemacht hat und explizit ein an mich gerichtetes Kunstwerk geschaffen hat. Aber noch viel mehr bin ich von Stolz erfüllt. Zugegeben. Ich bin es auch aus Eitelkeit. Es ist schön zu sehen, das man den Kindern Freude macht und ihren Alltag bereichert. Sonst würden sich die Kinder nicht solche Mühe machen. Dafür quält man sich ja morgens aus dem Bett. Aber ich bin auch stolz auf die Urheberin. Denn meinen Namen konnte sie bis dato noch nicht schreiben. Und die künstlerische Fähigkeit ist mehr als altersentsprechend entwickelt. Außerdem sieht man, dass mit viel mehr Gewissenhaftigkeit vorgegangen wurde als sonst üblich. Fein, fein.

Nächster Brief. Wieder vom Chef. „Hallo. Musst doch nicht zur Villa. Gruß, dein Chef.“

Brief eins und drei werfe ich in den Müll. Den Tag über begleiten mich noch zahlreiche Post-It’s, Bilderbücher und Entwicklungsberichte. Außerdem eine Einkaufsliste und anderer Kram.

Man kommt nach hause. PC an. Kaffeemaschine an. Anlage an. Musik an. Browser an. Fusselforum an. Facebook an. SZ an. Thunderbird an. Zigarette an.

Woar. Die einzigen die mich nicht mit Infos zuballern sind meine Freunde Kaffeemaschine und Kippe. Also Musik wieder aus. E-Mails wieder aus. Achja. E-Mail. Da gab es doch noch richtige Post. Im Briefkasten. Ganz analog und so. Aber ich habe angst vor meinen Briefkasten. Neulich wurde ich von einem Kind gefragt wovor ich angst habe. Da antwortete ich ohne zögern „Vor meinem Briefkasten.“

Meistens ist da eh nur Spam drin. Ganz analog. Aber dazwischen drängeln sich auch fiese Rechnungen. Dabei müsste ich keine Angst haben. Aber wer will sich schon mit schlechten Nachrichten belasten? Ich nicht. Also bleibt der Kasten wie er ist. Voll.

Achjaa. Und dann kommt das Infos filtern. Was ist wichtig? Was nicht? Tendenziell lese ich erst das wichtigste – oder das was ich dafür halte. Dann liest man dieses und jenes. Und andauernd denkt man, dass man dazu auch noch etwas beitragen könnte. Also trägt man immer weiter zur Datenvermüllung bei. Wir Menschen sind halt ein soziales Völkchen. Und zum sozialen Leben gehört Kommunikation. Ameisen machen das über Hormone und son Kram. Bin ja kein Biologe. Aber so ähnlich war das glaube ich. Wir Menschen machen das über Pheromone, Hormone, Mimik, Gestik, das gesprochene Wort und das geschriebene Wort. Und dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit der Kunst und all ihren Spielarten. Oder Codes. Und so weiter. Wir sind halt ein soziales Völkchen, wir Menschen. Und so kompliziert.

Und dann liest man. Und dann denkt man wieder das man dazu etwas beitragen könnte. Allzu oft kann man nichts beitragen. Man kann nur als anonymer Nickname einen Kommentar abgeben und bildet sich ein damit etwas bewirkt zu haben. Aufmerksamkeit geschunden? Provoziert? Unterhalten?

Kann egal sein. Und dann kommen an manchen Tagen Blockaden. Was macht es aus das ich jetzt was schreibe? Bringt mir eh wenig. Und vor allem trägt es zu alldem rein gar nichts bei. Außer zu noch mehr vom bereits erwähnten Datenmüll. Und was macht man? Man schreibt. Man schreibt trotzdem. Nur damit ein anderer nach hause kommt. PC an, Kaffeemaschine an. Den ganzen anderen Müll an.

Ich gehe jetzt ins Bett. Freue mich auf die Arbeit und das ich dort etwas mit Sinn mache. Dann lese ich noch etwas in meinem neuen Buch. Ganz analog. Ganz für mich. Ganz ohne Sinn.

Das Schlaraffenland besucht die Kirche


Rückblende: Weihnachten 2010

Ich sitze in der Kirche. Meinem Opa zuliebe. Er ist an den Rollstuhl gefesselt und wünscht sich das ich mit komme. Also gehöre ich zu diesem Pack, welches Jahr für Jahr die Kirche verstopft. Nicht aus dem Glauben an Gott heraus, sondern weil man Weihnachten in die Kirche geht. Das ist nun mal so. Doch dieses Jahr schwöre ich mir, dass es das letzte Mal gewesen sein wird. Die Messe ist wiedereinmal von Anglizismen verseucht. Ständig spricht der an Flanders erinnernde Pastor von „Just for Fun“ und benützt hippe Worte wie „Hip“. Ich schäme mich. Ich habe nichts gegen eine lockere Messe. Aber etwas Würde sollte das ganze schon haben. Nicht weil ich an Gott glaube, sondern Würde für mich zur Show gehört.

Und dann geht es richtig los. „Ich habe habe da was auf Youtube gesehen, was mein Herz berührte.“, verkündete der Pastor. Meine Gesichtszüge entgleisen. Er wird doch nicht? Nein, er wird nicht… In der Kirche hat Youtube nichts verloren. Es ist schon erbärmlich genug, dass Youtube jede Party und jede Konversa… Er spricht weiter: „Das möchte ich ihnen gerne zeigen! Film ab.“ Gezeigt wird ein kitschiger amerikanischer Kirchenfilm in dem es ähnlich zugeht wie in „Jede Zelle meines Körpers ist glücklich“. Kaum auszuhalten. Ich schäme mich Fremd wie zu kaum einem anderen Zeitpunkt in meinem Leben. Hinter mir ruft jemand (und ich bin es echt nicht) „Fernsehgucken kann ich auch zuhause.“ Doch der Pastor zieht es eisern durch… Danach hab ich nicht mehr so recht aufgepasst. Es war einfach peinlich und ich überlegte Katholisch zu werden. Eine Konfession auf dem Papier brauche ich ja für meinen Job…

 Die Gegenwart: Weihnachten 2011

 „Komm schon.“ sagt mein Bruder. „Mir zuliebe.“ „Nein. Auf keinen Fall. Ich möchte mir diesen Kasper nicht antun.“ „Dann für Opa.“ Da ist er wieder. Der Opa. Der alte Mann hat nun wahrlich nicht viel zu lachen in seinem Leben. Kann ich ihm das zumuten nicht mit in die Kirche zu kommen? Ich möchte Menschen die mir lieb sind ungern enttäuschen. Und erst recht nicht den Menschen, welche zusätzlich noch einige Steine zu schleppen haben. Zähneknirschend willige ich also ein.

Da sitzen wir nun erneut in der Kirche. 30 Minuten zu früh, wie immer. Wir haben also einen guten Platz erwischt. Ich stelle erfreut fest, dass dieses mal im Rettungsgang und im Hauptgang keine Stühle wie 2009 aufgebaut sind. Damals schon hielt ich das für eine Todesfalle. Das sage ich auch zu meiner Mutter, welche neben mir sitzt. Wie jedes Jahr.

16:50 – Die Kirche ist rappelvoll. Nun beginnt ein Helfer doch noch Stühle aufzustellen. Und zwar nicht einreihig. Sondern ZWEIREIHIG! So das gar kein durchkommen mehr ist. In meinem von Paranoia durchtränkten Hirn spielen sich die übelsten Katastrophenszenarios ab. Ich hasse die Masse. Ich hasse es eingesperrt zu sein in einem Raum voller Menschen. Selbst unter freiem Himmel bekomme ich schon zuviel, wenn ich meinetwegen auf einem Konzert bin. (Weshalb ich auch nicht auf Konzerte gehe.) Während ich total verkrampft da sitze beginnt der Gottesdienst. „Wir freuen uns, dass auch dieses Jahr so viele Menschen in unsere Kirche gefunden haben.“ Ich brodle. Meine Fäuste verkrampfen sich. „Wir mussten, wie sie sehen, sogar wieder Stühle aufstellen.“

„HOFFENTLICH FÄNGT ES NICHT AN ZU BRENNEN! (mit dem Unterton „Sie Idiot“)“, ruft jemand aus dem Publikum. „Wie bitte?“, fragt der Pastor. Da merke ich, das ich der Störer war. Also noch etwas lauter:

„Ich sagte, H O F F E N T L I C H   F Ä G T   E S    N I C H T    A N  Z U     

B R E N N E N.“

Ein Pause. Ein zustimmendes Gemurmel geht durch die „Gemeinde“. Dann der Pastor „Aber Gott ist doch mit uns.“ Ein „Sie naives, verantwortungsloses Arschloch haben wohl noch nie was von Massenpanik, Loveparade und anderen tollen Dingen gehört.“ liegt mir auf der Zunge. Ich sage aber nichts. Dann geht’s weiter.

Nach zwanzig Minuten der absoluten Ausweglosigkeit kommt dann der zweite Knüller des Abends. „Ich möchte ihnen ein Lied mitgeben. Ein Stern der deinen Namen Tragt von Dj. Ötzi.“ Bitte was?!?!?! Ich bin voll dabei. Ich fragte mich nämlich schon wie er die Pein vom letzten mal toppen wollte. „Technik. Spielen sie das Lied doch bitte mal an!“ Die Technik versagt. Ich mache drei Kreuze. Erlöst bin ich trotzdem nicht. Nachdem er das Lied auseinanderklabüstert und Moralisch durchaus nachvollziehbare Schlüsse zieht (das muss ich ihm wirklich lassen!) beließ er es nicht dabei und gab dem Organisten den Auftrag das Lied zu spielen. Der Text wird an die Leinwand projiziert. Und die Gemeinde singt leiernd mit. Zumindest einige.

Und ich sitze im wahrsten sinne des Wortes zwischen den Stühlen: Komme ich nächstes Jahr wieder mit oder bleibe ich zuhause? Ich meine, wenn da etwas passiert und meine Familie getötet wird – und das an Heiligabend – dann könnte ich mir das nicht verzeihen. Aber will ich mir diesen RTL2 Pastor allen ernstes nochmal antun und einen Hirnschlag riskieren? Ich weiß es nicht. Vermutlich siegt ohnehin mein schlechtes Gewissen.

Frohe Weihnachten euch allen.

Kippen, Tapes, die Straße und Weihnachten


WOW! Ich hab das Weihnachtsfeeling. Hätte nicht gedacht, dass ich das dieses Jahr noch so ausgeprägt bekomme.

Allerdings nicht wegen der Geschenke. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich welche bekomme. Aber scheiß drauf. Ich freue mich viel mehr darauf aufzubrechen. Abgesehen davon ist es dunkel und kalt. Von Minute zu Minute zieht der Himmel mehr zu. Total geil und das ORIGINAL Emsland Weihnachtswetter – wie man es aus seiner Kindheit kennt. Ohne Schnee. Dafür mit faustgroßen Regentropfen! Und ich bin noch im Sauerland, wo Schnee im Winter die Regel ist. Wie geil wird das dann erst im Emsland? Es könnte am 25. dann noch so was von Frieren, dass die ganze Gegend komplett von einem weißen Eispanzer überwuchert wird. Und fertig wäre Weihnachten 1984 bis 2006.

Ich steigre meine Vorfreude gerade dadurch, dass ich ein neues Tape aufnehme. Seite A mit tollen neuen Liedern, welche mein Leben in den letzten Monaten bereichert haben und Seite B mit ollen Kamellen aus der guten alten Zeit. Dass ist das, wofür dieses Jahr Weihnachten steht. Tradition und Neues. Ich bin gespannt.

Allerdings muss ich immer noch packen. Ich muss zum Beispiel an mein Handyladegerät denken. Das hab ich im letzten Jahr nie gebraucht, weil ich entweder nicht lange genug weg gewesen wäre um es zu benötigen oder mich in einem Umfeld aufhielt, in dem es Telefone und Internet im Überfluss gab. Doch nun bin ich endlich mal wieder on the Road. Und der ADAC will ja auch angerufen werden können. Wollen wir mal nicht hoffen, dass das eintritt.

Außerdem noch meine MAD MAX Sammelbox, die Geschenke, Digicam + Ladegerät und Klamotten für verschiedene Anlässe. Was aber nicht so hochgestochen ist wie es klingt. Einfach ein paar ältere Klamotten einpacken und dazu noch ältere und kaputtere für körperliche Arbeit. Es geht unter anderem in die Firmenzentrale. Bamako Motors wartet.

Doch nun muss ich loslegen.

Haltet die Ohren steif, die Kotflügel da wohin sie gehören und lasst euch reichlich beschenken. Wer mir was gutes tun will schenkt mir bunte Kabelbinder und Gaffatape. WD 40, Kippen oder Bremsenreiniger wären auch eine Option.

Bleibt mir auch im nächsten Jahr gewogen!

Dann mal los!


Da sitze ich nun und starre durch das Fenster auf den Neheimer Dom. Es nieselt und der Himmel ist wolkenverhangen. Manchmal ist es schon lustig wie das Wetter zu meiner Laune passt. Oder ist es umgekehrt? Nein. In diesem Fall nicht. Das Wetter passt zu meiner Laune. Ich bin gar nicht schlecht drauf. Eher gemütlich und gedämpft – heute etwas farblos. Meine Socken sind ausnahmsweise sogar identisch und schwarz. Und aus mir lösen sich im Minutentakt Tröpfchen, die durch den Raum fliegen. Ich bin nämlich gerade im Wartezimmer des Arztes und hab ne dicke Erkältung.

Mangels lesbarer Magazine starre ich nun aus dem Fenster. Meine Gedanken beginnen zu kreisen. Ich denke mir, dass es ja nicht unpraktisch wäre, wenn der Körper Serviceklappen hätte. Dann könnte man defekte Teile einfach austauschen. Ohne große OP. Einfach ein Ersatzteil bei E-Bay ersteigern und vom Nachbarn der Ahnung hat einbauen lassen. Man selbst ist dazu vermutlich nicht in der Lage. Solange schaltet man das Hirn aus. Hat man sich nen Virus eingefangen oder einen Parasiten besorgt man sich ein Antivirus und gut is. Hmm. Aber der Körper wäre dann echt ungemütlich und Hart. Das wäre zumindest bei Frauen schon ein Manko. Frauen müssen sich „gut“ anfühlen. Denn…

In diesem Moment kommt jemand in den Warteraum und begrüßt mich überschwänglich. Was ich denn hier wohl machen würde. Dumme Frage. Krank sein, auf den Doc warten und aus dem Fenster gaffen um dummen Gedankengängen zu folgen. Es handelt sich um eine Mutter aus der Kita. Na super, denke ich mir. Jetzt weiß jeder Bescheid das ich krank bin. Ist ja nu kein Staatsgeheimnis. Aber dann wird man immer darauf angehauen. Ich grüße freundlich zurück, gebe eine knappe Auskunft, frage der Freundlichkeit halber nach, was sie denn nun hat und konzentriere mich wieder auf das Fenster.

Der Nieselregen ist stärker geworden. Diese Sauerländer. An sich sind sie ja ganz nett. Halt Menschen wie überall auf der Welt. Oder zumindest in Deutschland. Nerven tun sie trotzdem bei Zeiten. Neugierig ohne Ende. Gerne am Lästern und Tratschen. Die Offenheit des gebürtigen Sauerländers beschränkt sich, so ist mein Gefühl, lediglich darauf Informationen zu sammeln, welche man gegen einen verwenden kann. Offenheit freundlicher Natur ohne Hintergedanken ist schwerer zu bekommen. Gott sei dank hat sich in den letzten Monaten so einiges aufgeklärt. So das ich die Schuld daran, hier keinen Anschluss zu finden, nicht mehr bei mir suchen muss.

Ein Posten weniger um den Man sich sorgen muss. Ich hab mich mit einigen Leuten unterhalten die auch zugezogen sind. Teilwiese sind es Polen, teilweise Hamburger, auch aus dem Ruhrgebiet so einige. Und allen war gemein, dass man hier nur sehr schwer irgendwo reinkommt. Die verschiedenen Beispiele aufzuzählen spare ich mir, weil es nicht meine Erlebnisse sind. Aber so ist es doch schön, die Gewissheit zu haben, dass egal wie lange man hier ist, man immer ein Außenseiter bleiben wird. Ergo geht man wieder. Wollen wir mal abwarten wann das soweit…

Boing. Ein Patient springt plötzlich auf. Ein Rentner. Wie von der Tarantel gestochen. Er grüßt zum Abschied, schnappt sich im Rennen seinen Schirm und ist verschwunden ehe man „Rentenversicherung“ sagen kann. Für einen Moment glotze ich auf den leeren Stuhl. Dann auf meine Schuhe. Zum Schluss wieder auf das Fenster. Unten im Hof parkt seit Jahren immer an der gleichen Stelle ein New Beetle. Und jedes mal denke ich das gleiche. Wie bekommt man das Ding optisch so hin, dass es meine Augen nicht mehr beleidigt. Ich komme immer zu dem Schluss das ein schönes Feuer oder ein…

 „Herr W. Bitte kommen sie ins Zimmer Nr. 3.“

Oh, ich bin endlich dran. Na dann mal los…

Der Palast, der Palast…


Es war immer schon so: Der Palast ist und war ein „Schandfleck“ im schönen Meppen. Ach, das wunderschöne Meppen. Wenn ich mich an meine Jugend zurückerinnere muss ich eines feststellen:

Er war einer der wenigen schönen Orte. Gut. Inzwischen sehe ich das ganze anders. Gerade in letzter Zeit habe ich dort viele schlechte Erfahrungen gemacht. Aber das hängt auch damit zusammen, dass meine Rockpalastzeit schlichtweg abgelaufen ist und ein Generationenwechsel stattgefunden hat. Für mich ist Ende und Schluss mit Palast. Mich könnte es kalt lassen wenn der Laden dicht macht. Ich lebe ja nicht mal mehr in Meppen.

Und trotzdem lässt es mich nicht ganz kalt. Das hat viele Gründe. Einerseits sehe ich im Rockpalast einen wichtigen Abschnitt meines Lebens. Ein Abschnitt, welcher mich prägte. Mich aufbaute. Mir Lebenserfahrung gab. Und schließlich mir die Kraft verlieh, oder Ernüchterung, jenes kann ich in der Rückschau nicht genau sagen, ein neues Leben in einer anderen Stadt aufzubauen. Ohne den Zwang des Ortswechsels, der mit einem Studium oft zusammenhängt. Nein. Aus freien Stücken.

Und mir geht es da nicht anders wie 10000 anderen Gästen. Man hat dort gefeiert, gekotzt, geprügelt, gevögelt, gelebt, geliebt, gefressen und gesoffen. Dank des Rockpalasts kann ich soviel über Gott lästern wie ich will. In die Hölle komme ich, wegen meiner Zeit dort, ohnehin.

Zja. Außerdem sorgt dieser Laden für eine gewisse Prägung. Er bietet Raum für Außenseiter. Individualisten. Nicht das schiere anpassen zählt. Nicht die pure Oberflächlichkeit. Das Ich zählt – und gleichzeitig auch solidarität. So war das zu „meiner“ Zeit. Damals als ich zu mir fand. Da habe ich gemerkt, dass es egal ist wenn man es niemanden Recht machen kann. Man muss es sich selbst recht machen – aber darf dabei seine freunde nicht aus den Augen verlieren. Dort hielten es damals viele so. Was dazu führte, dass bis jetzt Freundschaften anhalten die ich nicht missen möchte. Mit Menschen mit denen man auf dem ersten Blick nicht viel gemein hat, weil man völlig andere Lebenswege begeht. Und einem trotzdem enorm viel verbindet.

Und was macht der Palast sonst noch so für Meppen? Zja. Ich sag mal so: Die Welt braucht Menschen mit Visionen. Die Welt braucht Menschen die sich trauen aus Konventionen auszubrechen. Etwas in Frage zu stellen. Aber diese Menschen brauchen auch einen Ort der ihnen die Option aufzeigt, dass das überhaupt möglich ist. In vielen von uns steckt ein Rebell. In vielen schlummert er unerkannt. Es gibt Leute, in denen der Drang zur Veränderung so tief verankert ist, dass sie keine Community brauchen um das festzustellen. Andere wiederum brauchen das um diesen Samen in sich zu entdecken, zu erwecken, zu kultivieren.. Und da ist (war?) der Palast mit seinen Individuen der richtige Anlaufpunkt.

Aber im Moment geht es ja auch nur um eine zeitlich begrenzte Schließung. Nicht um die endgültig. Und eines muss auch klar sein:

Eines Tages, so mag er fern sein oder schon an die Türe klopfen, wird dieser Teil meiner Jugend sterben. Solange ich lebe allerdings, werde ich, Alzheimer mal ausgenommen, die schöne und nicht so schöne Zeit dort nicht vergessen. Und das was der Laden und die Menschen die ihn bevölkern für mich getan haben.

Glocken


Ich hab ja nichts gegen wohlgeformte Glocken. Die sehen echt schön aus. Manchmal auch die größeren Exemplare. Aber wenn die erstmal anfangen zu läuten, ist bei mir alles vorbei. Ich bekomme den Hass.

 

Was denkt sich die katholische Kirche eigentlich? Das ich dankbar dafür bin, das die mich an Sonn- und Feiertagen ungebeten wecken? Fahrt zur Hölle mit eurem Krach. Das hält ja kein Mensch aus. Kaum habe ich vergessen das Fenster zu schließen, zwischen Jalousie und Fenster 5 Kubikmeter Styropor zu stopfen und dann dummerweise auch kein Ohrenstöpsel zur Hand habe, stehe ich aufrecht im Bett wenn da son Kirchenrowdy die Glocken in seinem Riesenphallus anwirft. Wäre das hier nicht so eine verfluchte Kleinstadt würde ich mal mitten in die Messe platzen, Hells Bells anwerfen und ohne Worte wieder gehen. Aber das tut man ja nicht. Statt dessen falle ich immer wieder auf die trügerische Ruhe rein.

 

Das verrückte ist, dass ich das System – was ja offensichtlich vorhanden sein muss – nicht richtig durchschaue. Ich setze mich zum Beispiel Sonntagnachmittags zwischen 16 und 17 Uhr nicht auf den Marktplatz, um ein Spaghettieis zu verputzen. Denn ich weiß: sobald die Bestellung da ist, fängt es an zu bimmeln. Und zwar exakt bis zu dem Zeitpunkt, an dem mein Eis entweder geschmolzen oder vertilgt ist. Beides dauert 20 Minuten. Jaha. Da hab ich gedacht „Sei schlau, geh eher.“

 

Was hab ich davon? Es bimmelt. Offensichtlich machen diese Kirchennazis an manchen Sonntagen noch Extragottesdienste.

 

Ich sehe aber auch nicht ein, wegen der Kirche noch zusätzlich neben dem Wetterbericht (die Rollläden sind ja zu, so sehe ich ja nicht welches Wetter gerade vorherrscht), noch die Gottesdienste zu studieren, damit ich mal in ruhe ein Eis essen kann.

 

Außerdem löst das Studium des Ruhestörungsdienstplanes ja nicht das Problem mit dem Wecken. Da bleibt mir nur die hermetische Abschottung von der Außenwelt. Was schade ist, denn ich mag Tageslicht in vernünftigen Mengen.

 

Die Autos die hier vorbeifahren stören mich nicht. Das ist wie Meeresrauschen für mich. Auch die Menschen welche auf und ab flanieren sind kein Ding. Aber diese Glocken. Ich Frage mich warum das nicht hochoffiziell unter Ruhestörung fällt. Die Spießer hier regen sich über alles auf. Die Hecke ist zu hoch. Das Auto zu dreckig. Die Musik zu laut. Aber die Glocken sind okay? Hmm. Da stimmt doch was nicht im Staate Belgien.