Der Wagen ist nicht sexy. Er ist nicht besonders stark Motorisiert – gerade mal 115 PS schlummern unter seiner Haube. Er ist nicht besonders zuverlässig. Er müffelt nach Zigaretten, Duftbaum und Männerschweiß. Sein Blech rostet und er hat einen Hagelschaden. Sein Geburtsname lautet Opel Omega 2.0i. Farbe: Rentnersilber Metallic. Heute nur noch „Der Ommi“ genannt.
Warum in aller Welt fährt man so ein Auto? Die einfachste Antwort wäre „Weil ich es kann.“
Stimmt aber nicht uneingeschränkt. Man fährt so ein Auto aus anderen Gründen. Zum einen sagt er ja nicht aus, dass man sich nichts besseres leisten kann. Dieser Wagen sagt schon von vorn herein, das man ihn fährt, weil man es will. Ich liebe die Freiheit die er mir gibt. Einerseits natürlich die typische Autofreiheit, die einem jeder PKW gibt, außer welche aus englischer Produktion: Die Möglichkeit von A nach B zu kommen.
Aber er kann noch mehr. Im Vergleich zu einem Neuwagen bedeutet er 100%ige Gestaltungsfreiheit. Solange bis der TÜV kommt. Wenn ich will bemale ich ihn mit Fingerfarbe. Und das will ich oft. Wenn ich Bock habe, knalle ich halt einen neuen Aufkleber drauf. Auch wenn da schon 248 andere Sticker kleben. Notizen kann ich mit dem Edding draufkrickeln. Brauche ich eine gute Aussicht, setze ich mich aufs Dach.
Und dann das Fahrgefühl. Die Karre schaukelt beim Bremsen wie ein Schiff in Seenot. Die Nase reckt er beim Gasgeben gen Himmel. Und beides hat nicht den Ursprung in ausgelutschten Fahrwerkskomponenten. Das muss so! So stellte man sich in den 80ern eine moderne Oberklasselimousine vor. Es setzt sich im Innenraum fort. Weiche und bequeme Sessel mit Edelveloursbezug, für die Sport ein Fremdwort ist und Seitenhalt eine japanische Kunstform. Hinten eine Rückbank auf der man prima schlafen kann. So weich und kuschelig wie Omas Sofa.
Über die sehr übersichtlichen Kosten will ich hier nicht schwadronieren. Doch selbst wenn der Bock teuer wie vergoldete Trüffel im ersten Mondrestaurant wäre, würde ich ihn geil finden. Ist er aber nicht.
Außerdem bevormundet er mich nicht. Er sagt mir nicht, dass ich das Licht oder den Scheibenwischer einschalten muss. Er hat nur gut und gerne 10 Knöpfe die eine Funktion haben. Und die meisten sind lediglich für Warnblinker, Scheibenwischer und Heizung.
Außerdem hat er eine Seele. Ich behaupte einfach mal, das jedes Auto eine Seele bekommt. Sie wird ihm durch seinen Fahrer geben. Aber auch durch das Alter, durch seine Eigenheiten, Macken, und Qualitäten. Für mich ist der Wagen wie ein Freund. Ich kann mich auf ihn verlassen. Ich leide mit ihm wenn er kränkelt und versuche ihm zu helfen. Zwischendurch beschenke ich ihn. Und ich kann mich meistens auf ihn verlassen. Halt wie bei einem menschlichen Freund.
Ergo haben auch Neuwagen eine Seele. Nur wer mag schon Leute, die dauernd klugscheißen, herum jammern, alles besser wissen, einem ins Wort fallen, zudem noch zickig sind, einem das Geld bei jeder Gelegenheit aus der Tasche ziehen und keine Nehmerqualitäten haben. Dabei aber aussehen wollen wie frisch aus dem Fitnesscenter und dabei in Wirklichkeit, bei aller Fahrwerkshärte und Korsettsitzgarnituren, total übergewichtig sind. Auch optisch. Einzelne dieser Makel wären ganz OK. Ja sogar Sympatisch wenn sie aufgewogen werden durch positive Attribute. Aber in der Masse macht es ein Auto einfach unausstehlich. Genau wie einen Menschen.